Der Sketch zum Sommerfest

Wie funktioniert eine Kommunität?

Es treffen sich zufällig im Himmel: Katharina v. Bora, verh. Luther; Franziskus von Assisi; Evangelika Hildegard von Bingen.

K: Hallo, Ignatius, schön, daß wir uns hier im Himmel zu einer kleinen Talkshow über Kommunitäten treffen.

F: Nein, nein, meine Liebe. Da verwechseln Sie mich. Ich bin nicht Ignatius von Loyola, der von den Jesuiten, auch wenn ich vielleicht so aussehe. Ich bin Franziskus von Assisi, der von den Franziskanern. Und wer sind Sie, wenn ich fragen darf?

H: Das sieht man doch: Katharina von Bora, die erste ordinierte Pfarrerin von Thüringen, mit voller apostolischer Sukzession!

K: Nein, nein, viel bescheidener: ich habe bloß den Martinus Luder geheiratet und führ ihm den Haushalt, bin sozusagen seine Schatzmeisterin, denn davon versteht er gar nix. Und wen habe ich da vor mir, die Sie sich hier gerade eingemischt haben?

H: Schon ein paar hundert Jahre länger im Himmel als Sie: die Heilige Hildegard von Bingen, die mit den Kräutern und sehr musikalisch und sehr kommunikativ. Deshalb können Sie auch gern Evangelika zu mir sagen. Aber wollen wir nicht auch mal den Mann hier in der Runde zu Wort kommen lassen? Der will doch bestimmt sein wichtiges Thema diskutieren.

F: In der Tat – das Thema Kommunität. Da soll es in Grimnitz bei der Burgruine so eine Ansammlung von Frommen geben, richtig Fromme, aber jeder versteht darunter was anderes.

K: Sind das die, die überall Frieden und Gerechtigkeit verbreiten wollen und dabei die Freiheit vergessen, die doch das Allerwichtigste ist?

H: Sehn Sie, das sehe ich ganz anders. Die vernachlässigen das innige Direkt-Gespräch mit Gottvater mit all ihrem Theologengequatsche. Wie soll da was abstrahlen, wenn sie nicht zuallererst den Flüchtlingen bei ihnen das Herz für den Herrn Jesus öffnen?

K: Also, das finde ich pfäffisch, wie schon der Bonhoeffer diesen Übergriff auf Menschen in Krisensituationen nannte. Laß doch den Armeniern oder Kopten oder Syrisch-Orthodoxen ihre Identität, wenn sie in Deutschland sowieso schon kulturell aus dem Tritt gekommen sind, meine liebe Evangelika.

F: Aber Lutheraner sollen sie doch auch nicht werden so wie Sie, Katharina, oder? Dann schon besser katholisch. – Oder vielleicht etwas marxistisch oder basis-buddhistisch oder irgend so ein religiöser Befindlichkeitsmix? Jeder nach seinem Privatgeschmack? Brrrr!

H: Na, so ganz tolerant sind Sie aber auch nicht, Franziskus – wo Sie doch immer so ein weites Herz für alle Geschöpfe haben. Z.B. für die USL, die Undogmatische Spirituelle Linke, die soll es in dieser Kommunität auch noch geben.

K: Richtig, wir erwarten ja auch Meister Ekkehard zu unserem Gespräch, aber der kommt wohl etwas später, denn der pilgert gerade wieder. Sollte der nicht auch mal nach Nigeria gehen, Witwen des Boko-Haram-Terrorismus was von seinen biologischen Kenntnissen beibringen, die sie für ihr Überleben gut brauchen könnten?!

F: Nun ja, zugegeben, da wäre es mir auch zu heiß, mir reicht schon Assisi. Da ist jedenfalls die Schöpfung noch in Ordnung, war sie jedenfalls, so daß mir mein Sonnengesang leicht von den Lippen ging. Heutzutage müßte ich wohl ergänzend ein herzerschütterndes Seminar über den globalen Klimawandel anbieten, weil sich sonst die Menschheit bald selbst verbrennt.

H: Ach, so was weit Entferntes interessiert doch kein Schwein. Machen Sie doch lieber Kirchenasyle für Geflüchtete, die wieder ins Elend zurückgestoßen werden sollen, oder spielen Sie mit Flüchtlingskindern. Aber die gehen Ihnen langfristig wohl zu sehr auf die Nerven!

K: Ja, Evangelika, da gebe ich Ihnen recht: direkte Hilfe für Menschen im Dreck ist sicher vordringlicher als Theorieseminare für Intellektuelle mit ihrem universalen Horizont, egal ob über Prognosen zum Meeresanstieg oder über die Zukunft der Demokratie und die Hassängste der AFD-Wähler. Auch die heutigen Christen müssen zuerst praktische Hilfe leisten!

F: Ja, durchaus, aber in einer Kommunität dann auch Möbel streichen oder Hochbeete pflegen und Erntegaben einwecken. Ist sowas nicht gerade Ihre Spezialität, Hildegard von Bingen?? Oder fehlten Ihnen da einfach ein paar selbstlose Nonnen, die das als Gottes-Dienst gern machen?

H: Nee, im 12.Jahrhundert fehlten sie mir nicht. Da durfte ich auch mal ohne ständige Gewissensbisse krank werden. Ich bin zwar ganz schön alt geworden, ehe ich in den Himmel eingehen durfte, und im Hochmittelalter war das Klosterleben durchaus kein Zuckerschlecken. Aber heute fehlen die Unermüdlichen. In Grimnitz brauchen sie einen Hausmeister, eine Hauswirtschafterin, einen Gärtner, einen Öffentlichkeitsmenschen und noch manche andere, und zwar dauerhaft., nicht nur bei Festen.

K: Richtig, zu unserer Zeit gab es für Klöster auch noch großzügige Fürsten als Stifter, die damit ihre Angst vor Hölle und Fegefeuer loswerden konnten. Eigentlich schade, daß mein Mann wegen der kostenlosen Gottesgnade so wenig Anreiz zur Selbstlosigkeit übriggelassen hat. Heute kriegt man als Spender immerhin eine Bescheinigung fürs Finanzamt. Aber wo bleiben die Menschen selber? Statt in prekären Jobs ständig über die spätere Altersrentenhöhe nachzudenken, könnte doch ein Freiwilligendienst auf Zeit eine sinnvolle Lebensphase sein – die andern Kommunarden müßten einen nur mitschleppen. Und wer schon ein junggebliebener fitter Rentner ist, wäre bestimmt besonders willkommen.

F: Okay, da müßte einem oder einer aber der liebe Gott einen sanften Stoß in die Rippen geben. Und er oder sie müßte auch die Herzlichkeit spüren, mit der die Kommunität einen Novizen willkommen heißt. Meinen Sie, meine frommen Damen, die da unten in Grimnitz schaffen das?

H: Doch, wenn sie immer mal wieder über den eigenen Schatten springen. Aber genau dafür ist ihre Gottesenergie ja auch gedacht, ehe sie andern helfen wollen und können.

K: Na gut, dann wünschen wir ihnen dafür Gottes Segen. Und wir Drei können ja als Schutzengel ein wenig darauf achten, daß der Segen auch aufgenommen und umgesetzt wird. Tschüss, meine lieben zwei Heiligen, bis zum nächsten Mal!

-cds-